Catherina Godwin – des bewegten Lebens fünfter (und letzter) Teil

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Das bewegte Leben der Catherina Godwin

Fünfter Teil: Der Rest ist Schweigen – NS-Zeit, Vergessenheit und Tod.

Der Beginn der Dreißigerjahre markiert das Ende der schriftstellerischen Tätigkeit der Catherina Godwin. Der Einfluss der Nazis macht sich bemerkbar – gerade in München, das sich in den Zwanzigern von einer Kulturmetropole zur Keimzelle des NS-Staates gewandelt hat. Auch im Literaturbeirat der Stadt München, dem sie weiterhin angehört, breitet sich immer unaufhaltbar das braune Gedankengut aus. Catherina Godwin geht nicht auf Gegenrhythmus. Sie gönnt den rechten Dilettanten Josef Magnus Wehner und Hans Brandenburg ihren Dichterpreis, schlägt 1932 den drögen Heimatdichter Kölwel vor. Zu den Bücherverbrennungen bleibt sie gemeinsam mit ihren Kollegen vom Münchner PEN-Zentrum stumm, im November stellt sie sich hinter die Preisvergabe an den Vorzeigenazi Hans Zöberlein. Im selben Jahr werden Thomas Mann und Benno Rüttenauer aus dem Literaturbeirat entfernt, an ihre Stelle treten der Verleger Korfiz Holm und der obengenannte linientreue Literaturpreisträger Wehner. Aus Baden-Baden, wo sie bei ihrer Mutter weilt, schreibt Catherina Godwin ein artiges Dankeschön für ihre erneute Berufung in den Literaturbeirat, der kurz darauf allerdings aufgelöst wird. Catherina Godwin gibt ihre Wohnung in der Finkenstraße auf und zieht wieder in eine Pension. Sie wohnt nun bei Alfred Goldberg in der Elisabethstraße 11.

1933 tritt Catherina Godwin der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1 931 187). Ein Freund hat sie gebeten, seine Gruppe zu unterstützen, und sie verspricht sich Verbesserungen von der Sozialpolitik der Nazis. Neben ihrem Mitgliedsbeitrag von 3 RM pro Monat spendet sie eine weitere Reichsmark monatlich als Förderndes Mitglied der SS. Anfangs besucht sie die Veranstaltungen der Partei im vorgeschriebenen Rahmen, trägt auch Parteiabzeichen; dann bleibt sie den Veranstaltungen fern. In zunehmendem Maße gerät sie wegen ihrer jüdischen Freunde, ihrer politischen Haltung und ihrer Literatur in die Schusslinie. 1935 wird sie wegen der Begegnungen mit mir als „zersetzende Autorin“ angezeigt und in der Folge heftig angefeindet. Man beabsichtigt, ihr die publizistische Tätigkeit zu untersagen. Amelie von Godin fährt nach Berlin und setzt sich für Catherina Godwin ein. Sie weiß, dass diese auch wegen ihrer politischen Haltung und ihrer Verbindung zum Ullstein-Verlag in Gefahr ist. Sie kann das Schreibverbot abwenden, kurze Zeit darauf wird sie selbst denunziert.

Catherina Godwin wird in der Folge von Schriftleitern und Verlegern gemieden. Auch die Entwicklung der politischen Verhältnisse sagt ihr in keiner Weise zu, sie fühlt sich immer unwohler und fasst endlich den Entschluss, verspätet nach Mexiko zu emigrieren. Sie kündigt ihre Wohnung bei Alfred Goldstern in der Elisabethstraße 11 und lagert ihre Möbel bei einem Spediteur ein – doch es gelingt ihr nicht, die erforderlichen Mittel auszuführen. Sie unterhält weiterhin ein Zimmer in der Elisabethstraße 36, einige Häuser von ihrem vorherigen Domizil entfernt, hält sich aber bereits vornehmlich bei ihrer Mutter in Baden-Baden auf. Als dort 1938 Juden durch die Stadt getrieben und gedemütigt werden, erscheint sie am nächsten Tag mit einem Blumenstrauß bei einem befreundeten jüdischen Ehepaar und erklärt, sie schäme sich, dass so etwas in Deutschland möglich sei. Die Verbindung zu ihren jüdischen Freunden hält sie weiterhin aufrecht. Sie verkehrt auch offen mit Charlotte Behrendt, einer bekannten und mehrfach verhafteten Gegnerin des Nationalsozialismus.

Catherina Godwin lebt nun gemeinsam mit ihrer Mutter Marie Studemund in Baden-Baden, Langestraße 60. Als diese 1941 im Alter von 83 Jahren verstirbt, ist ihre Tochter bei ihr. Die Mutter wird feuerbestattet und im Urnengrab ihrer 1912 in der Heil- und Pflegeanstalt Illenau verstorbenen Schwester Emilie beigesetzt. Emmy übernimmt die Wohnung und ist ab dem 1. Februar 1941 dauerhaft in Baden-Baden ansässig. Im Laufe der alliierten Luftangriffe auf München wird sie im Januar 1943 vollständig ausgebombt. Sie verliert ihren gesamten Münchner Haushalt, darunter auch ihre unveröffentlichten Manuskripte. Die Schriftstellerin Catherina Godwin ist Vergangenheit, zurück bleibt Emmy de Vargas Studemund.

Im Februar 1943 meldet Emmy ihren Wohnsitz in Baden-Baden an. Vor der dortigen Spruchkammer muss sie sich 1948 im Laufe der Entnazifizierungsverfahren verantworten. Sie bringt entlastende Schreiben von Alexander Baron von Gleichen-Rußwurm und der Baronin Gleichen Russwurm, Amelie Godin, Hans-Ludwig Held, Wilhelm Weigand, Sophie von Pechmann, dem päpstlichen Geheimkämmerer Ludwig Graf von Treuberg und anderen vor. Die Spruchkammer sieht es als erwiesen an, dass sie aufgrund einer Fehleinschätzung in die Partei eingetreten ist und stuft sie als Mitläufer ein.

Ab 1948 versiegen die Quellen über Catherina Godwin. Briefe alter Freunde bleiben unbeantwortet. 1956 zieht sie von der Langestraße 60 in die Rettigstraße 26, Anfang 1958 dann in die Lichtentalerstraße 33. Am 27. Mai 1958 um 17:40 Uhr verstirbt Emmie Clara Studemund alias Catherina Godwin im Alter von 74 Jahren im Städtischen Krankenhaus Baden-Baden. Sie wird zwei Tage darauf auf dem Hauptfriedhof erdbestattet.

Das Grab von Catherina Godwin befand sich in Feld 19, Reihe 5, Nr. 10. Es wurde 1978 nach der üblichen zwanzigjährigen Ruhezeit turnusmäßig eingeebnet. Über einen Nachlass ist nichts bekannt.


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Quellenverzeichnis

Author: Andreas Schüler

Geboren 1970 · Aufgewachsen in Nordhessen · Studium in Frankfurt und Halle · Lebt und arbetet in Berlin · Stationen als Ghostwriter, Konzepter, Art Director, Onlineredakteur, Creative Director, Head of Content, Head of Marketing. Vater von zwei Söhnen.

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2 Kommentare

  1. Danke für die interessante Arbeit. Ich selbst sammle auch seit über dreißig Jahren deutsche Literatur in Erstausgaben und freue mich immer, auf Texte über vergessene Autoren zu stoßen. Werde jetzt mal meine seit Jahrzehnten im Regal schlummernden beiden Godwin-Ausgaben hervorkramen und endlich mal lesen.

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    • Hallo Herr Mosch, freut mich, dass Sie mein kleines Godwin-Potpourri interessant fanden. Die Bücher aus dem Regal zu holen, lohnt auf jeden Fall. Ich hoffe, es sind die „Begegnungen mit Mir“ und „Das Nackte Herz“ – die späteren Romane haben zwar auch ihren Reiz, können aber diesen beiden nicht das Wasser reichen. Viel Spaß bei der Lektüre!

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