„Hienach volget ein loeblicher passion nach dem text der vier ewangelisten mit der außlegung der heiligen lerer“, kündigt Anton Sorg seine mit 28 Holzschnitten ausgestattete Passion an, die er am Samstag nach Othmari, also am 18. November des Jahres 1480, in seiner Augsburger Offizin fertigstellt.
Als zweiter Druck der Reihe „Das alte Bilderbuch“ im Verlag Gustav Kiepenheuer erschien die „Augsburger Passion von 1480“ im Jahr 1924 erneut – in edelster Ausstattung und unter Mitwirkung einiger der herausragenden Persönlichkeiten des Buchgewerbes. Die Einbände fertigte Otto Dorfner in Weimar nach Angaben des Grafikers, Typographen und Buchgestalters Fritz Helmuth Ehmcke, der zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt seines Ruhms angelangt war. Ehmcke wirkte in München als Professor der Kunstgewerbeschule und künstlerischer Leiter der Rupprecht-Presse sowie Leiter des Bundes der deutschen Gebrauchsgraphiker (heute Berufsverband der Kommunikationsdesigner).
Die Augsburger Passion lebt von den naiven, aber kraftvollen Holzschnitten eines unbekannten Augsburger Meisters der Spätgotik, wohl aus dem Umfeld des Peter Mäler. Für die Reproduktionen der auf 350 Exemplare limitierten Edition der Hoboken-Presse fertigte die Bruckmann AG in München auf Grundlage des Exemplars H 12441 der Münchner Staatsbibliothek Ätzungen an, die Hermann Silwar in Berlin von Hand kolorierte. Unerklärlicherweise folgt die von Kurt Pfister edierte und in einer wundervollen Liturgisch gesetzten Ausgabe nicht dem Text des Originals aus der Feder Heinrichs von Sankt Gallen, sondern der Übertragung der Lutherischen Septemberbibel von 1522 – ein Ein- bzw. Übergriff, der dem ansonsten äußerst attraktiven Buch keinen Gefallen tut. Ein Digitalisat des Originals findet sich im DFG-Viewer der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Besonderes Augenmerk verdient Otto Dorfners Ganzledereinband der hier abgebildeten Vorzugsausgabe A. Auf drei Bünden in Schweinsleder auf Holzdeckeln, mit schlichten Messingschließen und einer präzise ausgeführten Deckelpunzierung ausgestattet, überbrückt der Einband vier Jahrhunderte und meistert den Spagat zwischen spätgotischer und moderner Buchkunst.