Catherina Godwin: Einer Fernen gewidmet
Catherina Godwin EINER FERNEN GEWIDMET Ferne Frau, ich weiß nicht, wo und wie du lebst, aber einmal mußt du in sein Leben treten. Und er wird dich lieben, und du wirst ihn lieben, und so lausche denn: ich will dir von dir und ihm erzählen. * * * Er ist dir treu, viele hundert Frauen hat er gekannt. Er erzählt von ihnen wie von Eindrücken auf Reisen, die man nicht aus Passion unternimmt, sondern nur pour passer le temps. Und alle diese...
Caterina-Godwin: Das Dilemma
Catherina Godwin DAS DILEMMA Es beschleicht mich ein Gefühl des Unbehagens, als beginge ich eine Handlung, die nicht durchaus salonfähig ist, und die ich nicht in meinem Dasein billige. Ist es nicht betrüblich, daß ich immer von dir nehme? Nehme: Sensation, Erleben, Schmerz, Lust, während du so geringen Anteil daran hast? Treibe ich nicht ständig Plagiat an dir? Habe ich dich nicht zum Outsider alles dessen gemacht, was ich um...
Catherina Godwin – Das Schlafmittel
Catherina Godwin DAS SCHLAFMITTEL Vor allem bemühe ich mich, mir zu sagen: Konzentration! Jetzt ist der Moment gekommen, jetzt wirst du vereinigt sein mit dem Manne deiner Liebe! Jetzt ist der Moment da, den du seit vielen Wochen herbeigewünscht hast. Laß dich um Gottes Willen nicht ablenken von irgendwelchen Nebensächlichkeiten, von einem Schnörkel auf der Sofadecke, von einem Muster der Tapete. Höre bloß nicht auf die Geräusche im...
Catherina Godwin – Hochzeitsreise
HOCHZEITSREISE Von Catherina Godwin Bunte Streifen der Felder wandten sich in rascher Flucht – Telegraphendrähte stiegen, fielen – eilend jagte der Zug durch die sonnenflimmernde Landschaft. Weit blaute der leuchtende Himmel Italiens. Spielende Lichter glitten über den Strauß vielfarbiger Rosen, der auf Lyzzies weißem Kleide ruhte. Sie band langsam Blüten und Knospen auseinander — die schon ein wenig ermattet an hohen...
Catherina Godwin: Zwei traurige Glossen
ZWEI TRAURIGE GLOSSEN Von Catherina Godwin I. ENTLOBT Da ich begriff — dieser Mann — lief ich weg. Ich lief die Treppe hinunter und weinte. Ich weinte aus einer großen Unruhe heraus, denn ich wußte, er würde mir Gutes tun, und ich habe mich gleich gepudert und einem anderen telephoniert, einem Kalten, einem Egoisten, einem Verräter von Klasse. Es ist unsäglich schwer für einen Enttäuschungsdressierten — unsäglich schwer...