Fea hatte sich scheiden lassen. Um des toten Hyazinth willen. Sie hatte ihre Beziehungen zu dem Toten aufgedeckt und aus dem öffentlichen Skandal Profit zu ihrem eigenen Ruhm geschlagen. Sie hatte jetzt einen neuen Freund, einen bekannten Komponisten. Der vertonte das Liebesgedicht, das sie an sich gerichtet glaubte, nannte es „An Fea“, und das Lied ward populär.
Isa hatte Prozeß angestrengt. Das Gedicht war ihr gewidmet! Isa fiel durch – sie wurde verlacht, vergiftete sich und Fea wurde als Star in eine Revue engagiert. Diese Revue hieß Hyazinth. Hier marschierten sozusagen vor der Rampe des toten Dichters lebendige Verse, in Beine und Seide übersetzt, vor hypermodernster Kulisse.
Hyazinth war Mode geworden. Er lag auf Schreib- und Nachttischen kostbar gebunden, „gab einem jeden was“, wie die Kritik sagte und aus seinen Versen flohen geflügelte Worte. Man modellierte den Berühmten aus dem Gedächtnis, malte ihn für die Sezession und prämiierte Büste und Bild mit der goldenen Medaille. Seine Hand, aus Alabaster, war in den vornehmen Salons gegen fünf Uhr zu sehen, wenn die Hausfrau ihre geistreiche Stunde hatte. Hyazinth wurde der Abgott der Dame von Welt, des Tippfräuleins und des Tillergirls. Man liebte ihn, denn er war geheimnisvoll. Enträtselung kann kein Mensch verzeihen.
Und zudem: er war wirklich schön, von einer Schönheit, die seine Kollegen einst hinderte, an seinen Geist zu glauben. Einige, die ihn heute priesen, hatten ihn sogar von Angesicht gekannt, obgleich manche Neider behaupteten, Hyazinth habe überhaupt nie gelebt, ein gerissener Impressario habe ihn nur erdacht.
Hyazinth aber wußte, daß letztlich alles Einbildung bleibt, was die Fläche zeitigt, und ein jeder im Grunde nur sich selbst erdenkt.
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