Hyazinth. Novelle von Catherina Godwin.

Es war eine Nacht, versengend heiß mit dampfender Erde, als sich ein Weib aus der nahen Ortschaft stahl, die Schönste und Jüngste, und demutvoll zu Hyazinth I setzte.
Der drängte sie sanft, doch gebieterisch weg. Sie irrte hinaus, fiel an die Erde, schluchzte und rief einen anderen, fremden Gott. Da hörte sie Hyazinth II und zog sie in sein Zelt. Benommen, betäubt, glaubte sie in der halben Finsternis, daß es der gleiche sei, der sie soeben verstieß. Sie murmelte Liebesworte in fremder Sprache und umglühte mit allen Empfindungen den vermeintlich gleichen, dem seit langem ihre Sehnsucht galt.

Draußen aber schatteten schwarze Gestalten, draußen zischte der betrogene schwarze Gatte.

Am kommenden tage lag im Frühglanze Hyazinth I tot in seines Herren Zelt. Er hatte den bedrohten Verführer mit seinem Leibe geschützt.
Der Filmstar blickte starr auf den Leblosen. Dort lag der andere, den sein Gedanke gemordet. Gemordet seit vielen Tagen. Instrumente seiner Macht schienen die dunklen Gestalten, dunkle Gewalten in seinem Dienst. Er lächelte. Aber nicht mehr sein satanisches Lächeln, es wurde allmählich verwandelt, es wurde zum Lächeln des echten Hyazinth. Der Reuige neigte unwillkürlich das Knie. er wußte nicht, was er murmelte, er fand keinen klaren Gedanken, empfand nur, ein Teil von ihm war nun tot, den er gewaltsam von sich trennte. Er entsann sich der Tränen, der Klagen des fremden Weibes, ein Weinen, das dem anderen galt, den er vernichtet hatte.
Der Tote ruhte friedlich, die blanke Waffe in seinem bronzefarbenen Leib, sein Ausdruck, so ruhig und edel wie stets, zeigte nicht Schmerz, nicht Zorn.

Hyazinth II stieß den eisernen Stab Fli in die Seite, die Sänfte schwankte, der Wüstenstaub wirbelte dichte Wolken hinter der flüchtenden Karawane her.
Da erst schlichen die Neger zum Tatort, erkannten ihren Irrtum, warfen sich zu Boden, schrien und schlugen verzweifelt die Brust.
Sie hatten den Sohn der Wüste getötet, mit dem lichten Haar aus Sonnenstrahl und den Augen aus Hyazinth.

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(Aus: Velhagen & Klasings Monatshefte, Jahrgang 1929, No. 43, Seite 315 – 324)

Author: Andreas Schüler

Geboren 1970 · Aufgewachsen in Nordhessen · Studium in Frankfurt und Halle · Lebt und arbetet in Berlin · Stationen als Ghostwriter, Konzepter, Art Director, Onlineredakteur, Creative Director, Head of Content, Head of Marketing. Vater von zwei Söhnen.

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